arko

Da steht er nun und guckt mich an. Ich habe ihn „Zu verschenken“ getauft, weil ich den Gedanken witzig finde, „Zu verschenken“ zu rufen, wenn er mal ausbüxt. Und ausgebüxt ist er schon, zwei-, drei oder waren es dreizig Mal? Und nicht nur das. In den paar Tagen, in denen er bei mir ist, habe ich schon ein paar mal überlegt, eben das zu tun – den Hund dem Nächstbesten zu schenken, der ihn haben will. Aber als Tierschützer tut man sowas nicht, wir suchen ein Zuhause, aber ein schönes.

Eigentlich heisst er Arko und ist ein Harzer Fuchs. Das er vom Schäfer kommt, beweist sein Rufname. Denn so wie fast alle Familienhunde Luna oder Ben heissen, heissen die Hunde der Schäfer Prinz, Luchs oder eben Arko, wenn sie Rüden sind und Hexe oder Asta, wenn sie Hündinnen sind. Schäfer Franz hat mich gefragt, ob ich nicht jemanden kenne, der einen Hund sucht. Er hätte da einen Welpen abzugeben. „Eins von den Hundsweibern, Du weischt scho‘. Du kennst doch genug V’rückte.“ Welpen gehen immer, sie sind sozusagen die Cash-Cows des Tierschutzes. Der wird schnell ein Zuhause finden.

Arko ist jetzt 9 Wochen alt, aber das hat ihm keiner gesagt. Als er meine Hunde kennengelernt hat, ist er breitbeinig wie ein Gangsta-Rapper durch die Gruppe stolziert, die Rute oben, das Ego auch. Fremde Hunde werden angeknurrt und Futter wird verteidigt. Die anderen sind größer und stärker? Scheissegal, so etwas wie Furcht kennt Arko nicht. Genauso wenig wie Respekt oder Rücksicht. Und mit 9 Wochen schon die Rüden besteigen kann er auch. Bekommt er dann eine passende Antwort, dann quietscht er kurz, schüttelt sich und macht weiter, als wenn nichts gewesen wäre.

Wenn ihm etwas nicht passt, dann protestiert er, in dem er knurrt. Wenn das nicht reicht, dann beißt er zu. Kann er nicht zubeißen, dann kläfft er. Sehr ausdauernd. Willkommen im Debattierclub.

Diesem Hund bei seiner Entwicklung zuzusehen hat etwas von einem Autounfall. Man kann kaum hinsehen, muss aber. Denn wenn man eine Sekunde wegschaut, baut er Mist.

Mein erstes Erlebnis mit Arko war, dass er auf meinen Schoß geklettert ist, um mir dann auf die Hose zu kotzen. Mein zweites war, dass er ganz und garnicht welpentypisch laut kläffend hinter einer Joggerin her ist. Während unseres dritten Erlebnisses war ich nicht mehr verwundert, als er sich in Bad Schwalbach knurrend einem Rottweiler in den Weg gestellt hat. Und das er mir dann folgerichtig in die Hand gebissen hat, als ich ihn vor seinem sicheren Ende bewahren wollte, lag eigentlich auf selbiger.

Arko ist das, was man einen Arschlochhund nennt. Dieser Fellhaufen hat schon jetzt so viel Testosteron, dass ich wetten könnte, dass zwei Rüden an seiner Zeugung beteiligt waren. Arko ist quasi der Chuck Norris unter den Welpen, wenn der mal groß ist, landet er nicht im Tierheim, sondern im Gefängnis.

Ich bin welpenresistent, das Kindchenschema zieht bei mir nicht. Ich finde Welpen nicht besonders niedlich und außerdem nerven sie. Überall, wo man mit ihnen auftaucht wird man von fremden Menschen vollgequatscht. „Ist der süüüüüss.“ Würg. Bei Arko ist das etwas anders. Zwar kommen die Menschen mit dem „S-Satz“, aber nach einigen Minuten weicht der debil-verliebte Blick einem erstaunt-ratlosen und man hört man Dinge wie „Der hat aber ganz schön viel Energie.“, „Uiii, der ist aber frech.“ und manchmal auch „Aua, der hat mich gebissen.“

Und nun steht er da und guckt mich an. Heimlich habe ich ihn „Meiner“ getauft, aber das wäre unvernünftig, nein, dumm! Und ich weiß, wie F. das finden würde. Und sie hat recht. Ich hasse es.

19 Kommentare
  1. Jaqueline
    Jaqueline sagte:

    Zu wem soll er sonst passen, wenn nicht zu dir…. Das war schicksal, also gib die Suche einfach auf. Auf den einen mehr oder weniger kommt es nun auch nicht mehr an… *lach*

    Ich würd ihn ja dann glatt weg Chuck Norris taufen :D

    Antworten
    • Silke
      Silke sagte:

      Das habe ich auch gedacht.
      Wer, wenn nicht Normen, könnte diesem „meiner“ ein gutes Zuhause geben.
      Ansonsten befürchte ich echt, das er im Gefängnis landet.

      Antworten
  2. Alis
    Alis sagte:

    Chuck Norris landet doch nicht ins Gefängnis!!!!! Chuck Norris ist ein Held, er rettet die Welt. Wenn schon Al Capone, Hannibal oder Goldfinger ;-)

    Antworten
    • Birgit
      Birgit sagte:

      Man bekommt nicht den Hund, den man sich wünscht, sondern den, den man braucht……..
      Viel Freude mit dem Arschlochhund :-)

      Antworten
  3. Susi
    Susi sagte:

    Oh, Rudelerweiterung… wenn auch unfreiwillig. Aber diesem Hund kann man doch nicht widerstehen, oder?
    Ahja, ich weiss, das ist Frauendenken, weil niedlich, goldig, süüüüüüß.

    Gut, Du hast eine neue Aufgabe. Stell Dich ihr männlich und mit hocherhobenem Kopf. Du darfst einen Dickkopf großziehen. Ich hab aber das Gefühl „Des passt schoo!“ :)

    Antworten
  4. Janine
    Janine sagte:

    Guten Morgen!

    Also ich würde ihn Sido nennen, wenn er jetzt schon als Gangster Rapper auftritt. Zur Not kannst Du dann immer sagen: „Si(eh) do(…), er hat schon wieder einen Rottweiler provoziert“. Und falls er je einen Maulkorb benötigen sollte, wird das Bild ja auch wieder rund :-)

    Ebenso würde es die Hoffnung assoziieren, dass er mit dem Erwachsen werden ruhiger wird….

    Antworten
  5. Stefanie Gaden
    Stefanie Gaden sagte:

    Ach, herrje, nun gucke ich so oft hier und nix neues von „Zu verschenken“. Hätte ich nicht ein ähnlich anspruchsvolles Exemplar hier (http://www.the-sky-is-the-limit.de/137.html), dann würde ich mich für ihn bewerben, denn so ein Knallkopp ist ja sooooooooooowas von mein Beuteschema!!! Vielleicht hätte ich in ihm endlich meinen Meister gefunden?!
    Das Leben , lieber Normen, ist viel zu kurz, um so einen Spaß zu versäumen. Ich sag: Behalten! Wenn du klug bist (und den Eindruck hab ich)!
    Ansonsten: Frier ihn ein! Und tau ihn bitte auf, wenn meine Nervensäge aus dem Gröbsten heraus ist. Dann würde dein „Zu verschenken“ nämlich schnell zu „Meinereiner“ werden ;-)

    Antworten
  6. Mandy
    Mandy sagte:

    „Diesem Hund bei seiner Entwicklung zuzusehen hat etwas von einem Autounfall. Man kann kaum hinsehen, muss aber..“ WO zum Teufel nimmst du deine geistreichen Vergleiche her? Ich hau mich in die Ecke!!!!!!!!!
    Dies ist mein (vorerst) letzter Kommentar: Du bist Schriftsteller! Lass die Pfoten vom Rest ;)

    Antworten
  7. Tine
    Tine sagte:

    Nun haben wir schon Juli. Was ist aus ihm geworden? Normen, Du hast offenbar viel um die Ohren – und da auch ich den Epilog gelesen habe, traue ich mich kaum zu fragen, wie es „Deinem“, „zu verschenkenden“, „Arschlochhund“ geht. Mach Dir keinen Stress, ich gucke öfter mal rein, Vielleicht eine kurze Opferstatistik? :-) Von Herzen ALLES GUTE!

    Antworten
  8. Nadine S
    Nadine S sagte:

    Lieber Normen,

    ich kann von deinem Blog echt nicht genug bekommen.

    Ich finde es so erfrischend endlich mal zu lesen, dass eben nicht alles nur heiteitei und eitel Sonnenschein ist. Wenn man Kunden von Abbruchsignalen erzählt, hat man gleich das Bedürfnis sich zu ducken, weil man Angst hat, einer steht mim Klöppel hinter einem.

    Auch dass man einen Hund einfach mal Arschloch nennen darf. Herrlich!!!

    Meinen herzlichsten Dank, dass du angehenden Trainern wie mir den Mut gibst, an eine klangschalen- und stuhlkreisfreie Hundeerziehung zu glauben. Auch zu dem, zu stehen, was man sagt und dass eben nicht alles heiteitei und eitel Sonnenschein ist. Dass es nicht die Erfüllung ist, dass Hunde unter ständiger Impuls- und Signalkontrolle stehen. Dass ein Hund einfach Hund sein darf und dass Herr oder Frau Hund auch mal auf die Mütze bekommt, wenn es eben sein muss.

    DANKE! DANKE! DANKE!!!

    Viele Grüße
    Nadine

    Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert