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Paul, der Labbi-Mix (21)

Nach 18 kommt bekanntlich 19, außer hier, da ist die 19 … Jaja, die Müdigkeit …

Paula schaute Michael mit großen Augen an. Dann würgte sie kurz, spukte einige Federn sowie etwas unbeschreibbares fleischiges auf den Teppich, drehte sich um und ging in ihren Korb. „Na toll“ dachte Michael. Gerade hatte er, nachdem er sich einen längeren Monolog über Zäune, Hunde, Geflügel und den Wert eines edlen Zuchthahns anhören musste, einem Landwirt aus der Nachbarschaft einige Tiere ersetzt, die Paula auf ihren letzten Ausflug erlegt hatte.

Mittlerweile hatte er Routine. Eigentlich verlief es immer ziemlich ähnlich. Paula büxte aus, killte irgendein kleineres Nutztier aus dem Dorf, Michael entschuldigte sich vielmals und suchte die Lücke im Zaun, die er dann reparierte. Kaum zu glauben, dass so ein großer Hund durch so kleine Löcher im Zaun kommt. Ebenfalls Routine hatte Michael hinsichtlich tagesaktueller Preise für Geflügel.

Wenn nicht gerade ein Huhn oder ein Kaninchen dran glauben musste, entpuppte sich die Hündin – ganz Herdenschutzhunduntypisch, so dachten zumindest Michael und Sabine – als sehr geschickte und schnelle Jägerin. Sehr zum Leidwesen der ansässigen Jäger. Nach vier Stunden Beobachtung des Wildes auf dem Ansitz hatten diese relativ wenig Verständnis für eine wildkläffende Paula, die das Wild quer durchs Revier hetzte und damit für einen ansonsten sehr ruhigen Restabend sorgte.

So dauerte es auch nicht lange, bis die ersten Jagdausübungsberechtigten wüste Drohungen in Richtung Paula ausstiessen. Es half alles nichts. Paula brauchte einen Hundetrainer. Das was bei Paul gründlich in die Hose gegangen war, sollte diesmal fachmännisch und kompetent aus dem Zusammenleben gebannt werden. Erster Schritt im Projekt „Angenehmer Familienhund“ war dann auch eine Auflistung der Dinge, an denen gearbeitet werden sollte.

Eigentlich war Paula nämlich eine ganz liebe, und es waren auch eher Kleinigkeiten, die Michael und Sabine störten.

Zum Beispiel ließ Paula sich nicht besonders gut abrufen. Und wenn sie dann mal kam, ließ sie sich nicht besonders gut anleinen. Sah sie einen anderen Hund, so ließ sich dieser im Allgemeinen nicht mehr besonders gut abrufen, da er in Sorge um seine Gesundheit die Flucht ergriff. Und wo wir schon beim Thema „Flucht“ sind – die ergriff seit einiger Zeit auch besser der Paketbote, wenn Paula im Garten war. Denn irgendwann hatte diese seinen Trick – Leckerchen über den Zaun werfen und die Ablenkung nutzen, um das Paket abzustellen – durchschaut und den armen Mann im wahrsten Sinne des Wortes an die Wand gestellt.

Eigentlich erstaunlich, denn ansonsten fraß die die Hündin wirklich alles, was ihr in den Weg kam. Zwei Grillabende und ein Teenagergeburtstag waren Paulas unbändigen Appetit bereits zum Opfer gefallen. Außerdem die bereits erwähnten vier Hühner, ein wertvoller Hahn (der konnte zwar gerettet werden, zeigt seitdem aber kein Interesse mehr an seinen Hennen), eine Katze unbekannter Herkunft und ein Zwergkaninchen.

Wie schon damals bei Paul war Sabine bei der Suche nach einer Hundeschule wieder sehr erstaunt, wie viele es davon gibt. Gut, die mit denen sie damals Kontakt gehabt hatte, waren samt und sonders verschwunden, aber dafür schien es doppelt so viele neue zu geben.

So ziemlich jede Hundeschule versprach nach den neuesten wissenschaftlichen Methoden zu arbeiten, hatte ein riesen Beschäftigungsangebot und alle versprachen, aus jedem noch so unerzogenen Rüpel einen netten Begleithund zu machen. Und alle deckten von A bis Z alles ab, quasi von Angst bis an der Leine zerren. Sabine war etwas ratlos und wollte gerade aufgeben. Schliesslich hatte es mit Paul letztlich ja auch ohne Hundeschule geklappt. Gerade in dem Moment, in dem Sabine mit einem „Das kriegen wir schon hin.“ ihr Notebook zuklappen wollte, hörte sie von draussen einen Hilfeschrei. Sie eilte durch den Flur zur Haustür und sah das Drama.

Zwei Zeugen Jehowas hatten das Grundstück betreten und nicht bemerkt, dass Paula vor der Haustür lag und schlief. Der junge Mann mit dem dunkelroten Pullunder saß auf seinem Hintern, um in rum lagen jede Menge „Wachturm“-Heftchen auf dem Rasen verstreut. Die etwas ältere Dame presste sich in den Maschendrahtzaun und blickte Paula entsetzt an, die an ihr hochsprang und ihr recht unsanft „Küsschen“ gab. „Paula, kommst du wohl her!“ brüllte Sabine erschrocken, doch Paula dachte nicht dran. Stattdessen nahm die Hündin ordentlich Schwung und rannte einmal quer durch den Garten. Ihr Gesichtsausdruck hatte dabei etwas von einem „Du kriegst mich doch eh nicht“ …

Am Abend, als Sabine Michael von diesem Erlebnis berichtete, lachte dieser sich halb schlapp. Zugegeben, es hatte schon etwas witziges an sich, wie die beiden ungebetenen Besucher von Paula „begrüßt“ wurden und Sabine hätte nie gedacht, dass auch Zeugen Jehovas fluchen können.

Trotzdem, so ging es echt nicht weiter, am nächsten Tag würde sie sich nach einer Hundeschule umsehen.

2 Kommentare
  1. Pia
    Pia sagte:

    Tja, da kann ich sehr gut mitfühlen….meine To-do-Liste „Hundetraining“ sieht auch so aus… Nur „unerwünschtes jagen“ wird ersetzt durch „unerwünschtes hüten“… Aber wir arbeiten dran und es heisst ja: was lange wärt, wird letztendlich gut.

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