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Mein Freund Elmo

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„Komm doch mal vorbei und guck ihn dir an“, sagte Rolf am Telefon und versuchte mir einen Hund anzudrehen.

Also setzte ich mich irgendwann letztes Jahr ins Auto und besuchte meinen Schäferfreund. Mit mir im Auto ein Welpe, der später noch zu Berühmtheit in diesem Blog gelangen sollte.

Rolf führte mich zu den hinteren Zwingern und zeigte mir den imposanten, viel zu dicken Elmo, den er einige Zeit zuvor von einer Dame bekommen hatte, um ihn dahingehend zu testen, ob er zum Hüten geeignet wäre. War er nicht.

„Ach weißt du“, sagte ich zum Rolf, „der ist ja ganz nett, aber wir sind voll bis unters Dach.“

Rolf ließ nicht locker und machte mir das in meinen Augen unverschämte Angebot, dass ich ja den Welpen da lassen und dafür den pummeligen Tiger mitnehmen könne.

Am Arsch die Räuber, mit Verlaub. So einen Welpen, den kann man gut vermitteln. So einen Hüteklops muss man erstmal auf Diät setzen und Manieren beibringen. Denn, das hatte die Besitzerin gesagt, der Elmo wäre nicht ganz einfach.

Rolf konnte das nicht bestätigen. „Is’n toller Hund, taugt aber nix zum Hüten.“

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Überhaupt, die Besitzerin. Die rief ungefähr zwanzig mal am Tag an, erklärte mir der Schäfrmeister und konnte kaum verbergen, wie dermaßen ihm das auf den Senkel ging. Irgendwann war ihm dann der Kragen geplatzt und er verlangte, dass sie ihren Hund wieder abholen müsse.

Für mich ein weiterer Grund, dankend abzulehnen. Also sagte ich Rolf, dass er diesen Tausch – Welpe gegen Klops – vergessen könne, einige Minuten später killte Arco sein erstes Huhn.

Also fuhr ich nach Hause und die Sache war vergessen. Bis vor einigen Wochen.

Da nämlich erzählte mir F., dass wir einen Altdeutschen Hütehund übernehmen würden. Von einem anderen Tierschutzverein. Für Umme. Ich war in etwa so begeistert wie eine Mutter, die erfährt, dass ihr Sohn 15 Banken ausgeräumt hat.

Denn das Problem in solchen Fällen ist oft, dass der Verein den Hund bei uns ablädt und sich dann in Ruhe zurücklehnen kann. Kostet ja nix.

Als F. mir dann erzählte, dass der Hund mehrfach „aus dem Nichts heraus“ gebissen habe und nun darüber nachgedacht würde, ihn einzuschläfern, steigerte dies meine Laune nicht unbedingt. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon, wie wir den erst dreijährigen Hund die nächsten 10 Jahre am Bein hätten.

Na super.

Als ich an dem Abend nach Hause kam und den Neuzugang erblickte, war ich – gelinde gesagt – fassungslos. Da stand er: Elmo. Der Hüteklops, den ich ein Jahr zuvor bei Rolf gesehen hatte.

In der Zwischenzeit war er einige Male vermittelt worden, hatte dann irgendwann zugehappst und wurde wieder zurück an den Verein gegeben. Da die Heftigkeit des Happsens von Mal zu Mal heftiger wurde, hieß es nun „Hopp oder Topp“. Aha.

Nun lebt Elmo seit einiger Zeit bei uns und weiß sich zu benehmen. Dabei könnte er, wenn er wollte. Aber tut’s nicht.

Elmo ist einer von den Hunden, die sich einen Komplizen suchen, um dann gemeinsam die Welt zu erobern und jedem zu zeigen, wo der Frosch die Locken hat. Geht man darauf ein, dann duldet er nach kurzer Zeit keine vermeindlichen Eindringlinge mehr, die das „Dream-Team“ gefährden könnten. Nett ausgedrückt ist er außerordentlich kooperationswillig und vergisst halt nur nachzufragen, was denn nun der gemeinsame Plan ist. Weniger nett ausgedrückt zeigt er eine sozial motivierte Aggression gegen Menschen

Umso fataler, dass mit ihm so lange „Bindungs-Training“ praktiziert wurde, bis er zuverlässig zugebissen hat. Und so bestätigte der Hundetrainer noch mal, dass er noch nie einen so anhänglichen Hund kennengelernt hätte, während Elmo sich an ihm anlehnte und jeden fixierte, der sich nähern wollte.

Eigentlich ist Elmo alles andere als ein Held und will eigentlich nur ein Hund sein. Mit seiner vermeindlichen Aufgabe, alles Unheil dieser Erde von sich und SEINEM Menschen fernzuhalten, ist er heillos überfordert.

Loslassen zu können, mal abzuschalten, das gute Gefühl zu geniessen, dass es nichts zu regeln gibt und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen – diese Erfahrung durfte Elmo bei uns machen.

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Auf seine sehr charmanten Freundschaftsangebote sind wir erstmal nicht eingegangen, sondern haben erstmal auf unsere Individualdistanz bestanden. Denn eine Freundschaft mit Elmo kann im wahrsten Sinne des Wortes erdrückend sein, wenn man nicht von vorneherein klarstellt, dass das erste Date nicht mit einem Heiratsversprechen gleichzusetzen ist.

Denn dann wird Elmo zum liebeskranken Psychopathen – erst Freund, dann Stalker und schließlich folgt die Beziehungstat.

Eine tiefe und wahrlich große Liebe muss sich entwickeln und benötigt wesentlich mehr Zeit als die kurze Phase der Verliebtheit. Die große Liebe besticht durch Momente, in denen man seinen Standpunkt vertreten kann, mal Freiraum in Anspruch nimmt und über Distanz erst richtig spürt, wie nah man sich ist.

Wenn man das verinnerlicht, findet man in Elmo einen ganz tollen Hund, der einfach nur dabei sein will und außerordentlich nett und zuvorkommend mit Artgenossen und anderen Menschen umzugehen weiß.

Hunde wie Elmo gibt es zu Hauf. Angeschafft, weil er etwas besonderes ist, mit seinem gemerlten Fell, dem blauen Auge, der seltenen Rasse, der er angehört. Angeschafft, weil etwas wichtiges im Leben seiner Menschen fehlte, angeschafft, um eine Lücke zu füllen. Überfrachtet mit Emotionen und Erwartungen.

Oh ja, in Elmo wurden viele Erwartungen gesetzt – Erwartungen, die ein Hund nicht erfüllen kann und selbst einen Menschen dazu bringen könnten, sich einer Beziehung zu entziehen.

Aber Elmo, der hat sich reingekniet, hat alles in seiner Macht stehende versucht, um diesen Erwartungen gerecht zu werden. Nur ist er eben ein Hund und kein Therapeut, kein Ehepartner und erst recht nicht die beste Freundin, die sich bereitwillig als emotionaler Mülleimer zur Verfügung stellt, wenn es einem schlecht geht.

Elmo hat die in ihn gesetzten Erwartungen enttäuscht. Dabei hat er sich so viel Mühe gegeben, hat versucht Verantwortung zu übernehmen, Schutz zu bieten und den Alltag zu regeln. Mit dem Ergebnis, dass er immer wieder ins Tierheim gebracht wurde.

Also hat er sich noch mehr angestrengt, wurde noch enger zum Menschen, noch unfreundlicher zu Fremden und noch kontrollierender seiner Umwelt gegenüber.

Elmo wäre – das steht fest, denn so wurde es gesagt – im wahrsten Sinne des Wortes für seinen Menschen in den Tod gegangen.

Was für ein dramatischer Irrtum.

Dieser Blog dient nicht als Vermittlungsportal, doch für Elmo, meinen Freund Elmo, wünsche ich mir endlich Menschen, die ihn behandeln wie einen Hund. Und dafür genau das bekommen – einen tollen Hund!

Wer ihn kennen lernen möchte, klicke hier!

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3 Kommentare
  1. Tigerfreund
    Tigerfreund sagte:

    Sehr schön geschrieben, ich hoffe er findet seine Menschen! Haben auch einen Tiger, der mittlerweile 5 ist. Drücke Elmo die Daumen!

    Antworten
  2. Mike
    Mike sagte:

    Vermittelt den doch an TsD. Die werden begeistert sein von seiner Anhänglichkeit. Und für die getackerte Umwelt haben sie Schildi, Angsti und Unverständnis der Umwelt ;)
    Nein Quatsch!
    Ich gönn ihm nen Bauernhof Platz.
    Da gehört er einfach hin.

    Antworten

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