Wo wir beim Thema „Würg“ sind: Eine weitere Plattitüde, bei der ich auf der Stelle Ganzkörperherpes bekomme, ist der Spruch „Der braucht nur mal ’ne klare Grenze aufgezeigt“. 

Was Grenzsetzung angeht, bin ich grundsätzlich vorne dabei.

Jeden Tag sehen wir Hunde, die Grenzen überschreiten, die ihnen nie gesetzt wurden. Und wer mit Freiheit nicht umgehen kann, landet früher oder später im Knast. Oder dauerhaft an der Leine. Oder im Tierheim. Oder auf dem Tisch einer Tierarztpraxis.

Es ist keine Meinung, sondern wissenschaftlich verbriefte Tatsache, dass man ein intrinsisch motiviertes, erfolgreiches Verhalten nicht mit einem Belohnungsprinzip ändern kann. 

Insofern bin ich angesichts des weit verbreitetem Fellnasenfundamentalismus gerne auf der dunklen Seite der Macht und sage: Ja, unerwünschtes Verhalten darfst Du unterbrechen.

Und weiter: Eine Verhaltensunterbrechung ist dann eine Verhaltensunterbrechung, wenn sie ein Verhalten unterbricht. Und nicht, wenn der Hund wohlwollend nickt und dann weitermacht wie gehabt. 

Dann gibt es aber Menschen, die erzählen im Jahr 2025 noch, dass sie ihrem Hund – selbstverständlich kynopädagogisch begleitet – eine Grenze setzen sollten und der Hund danach drei Tage nicht laufen konnte. War dann wohl – mit Verlaub – ein bisschen doll, nicht? 

Die Hundeschule aber hat erzählt, dass man das Problem ratzfatz löst, in dem man nur ein einziges Mal ein für alle Mal klärt, wo der Frosch die Locken hat. 

Und wenn’s nicht klappt, war es eben nicht dolle genug. Also, nächste Runde, auf in den Kampf! 

Abgesehen davon, dass es sowas wie moralische und tierschutzrechtliche Grenzen gibt, ist die Idee dahinter lernpsychologischer Blödsinn.

Wenn ein Individuum unerwünschtes Verhalten zeigt, ist das Ziel einer Unterbrechung/Strafe eine bedingte Hemmung. Die wiederum ist per Definition „das Unterdrücken einer angeborenen oder erlernten Endhandlung“.

Das heisst im Klartext, dass der Hund an der Leine pöbeln könnte. Weil er aber gelernt hat, dass sich dann der Himmel verdunkelt, unterlässt er es und zeigt ein anderes (im Idealfall erwünschtes) Verhalten.

Torbenoliver klaut nicht mehr bei Mediamarkt, weil er gelernt hat, dass er dafür Ärger bekommt und Toilettenstühle putzen muss.

Wenn man einfach nur draufhaut, zeigt der Hund in der Folge dem Auslöser gegenüber eine bedingte Aversion, also ein erlerntes Meideverhalten. 

Der Auslöser ist dann schlechterdings die Reaktion des Menschen. 

Der Hund lernt also nicht, dass er nicht an der Leine pöbeln soll, sondern lernt, dass er Dresche bezieht, wenn ein anderer Hund auftaucht.

Das ist übrigens auch der Grund, warum Waldi und Luna weiter ungebremst in die Leine ballern, wenn man die Rappeldose, Wasserflasche oder was auch immer zuhause vergessen hat. 

Und Torbenoliver lernt nur, dass er verprügelt wird, wenn man ihn erwischt.

Wie oben beschrieben kann ich ganz gut damit leben, wenn ich aus einer bestimmten Richtung als „Hardliner“ bezeichnet werde. 

Das hat natürlich zur Folge, dass ich in die selbe Schublade gesteckt werde wie die „Dasmussmandochmalklärendürfen“-Truppe, die – siehe Social Media – gar nicht mal so klein ist. Da kommt dann der oben genannte Ganzkörperherpes ins Spiel.

Was das Training mit „Problemhunden“ (meistens haben die ja gar keine Probleme, sondern die dazugehörigen Menschen) zu tun hat – also, wenn man dem Hund etwas wieder abgewöhnen muss – geht es meiner Meinung nach nicht um „nett“. Nett ist die kleine Schwester von Kacke. Vielmehr geht es um „Fair“. 

Fairness setzt Sensibilität und Kenntnis des Gegenübers voraus. Denn was Belohnung ist und was Bestrafung, entscheidet immer der Empfänger.

Und nicht Facebook oder Instagram.

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