„So you gonna ruin your life“

Bei den Simpsons gibt es eine Szene, in der Marge und Homer bei Dr. Hibbert sitzen und erfahren, dass sie Eltern werden. Er drückt Marge eine Broschüre mit dem Titel „So you gonna ruin your Life“ in die Hand. Eine solche Broschüre wünsche ich mir jedes Mal, wenn mir jemand seinen Wunsch offenbart, Hundetrainer*in zu werden.

Da es eine solche Broschüre nicht gibt, schreibe ich hier einfach mal Clickbaitmäßig runter, wann man meiner Meinung nach sein Leben ruiniert und was ein paar der klassischen Fehler sind, die gerade am Anfang gerne mal passieren.

Wie gesagt – alles nur meine Meinung, aber vielleicht hilft es ja dem oder der einen oder anderen weiter …

10 Gründe, nicht als Hundetrainer*in zu arbeiten

1) Wenn Du mit Tieren arbeiten möchtest

Der größte Irrglaube, dem viele unterliegen ist der, dass Hundetrainer „etwas mit Tieren“ machen. Das Gegenteil ist der Fall! Unser Kunde ist der Mensch, den wir in Sachen Hund beraten. Dass Du einen Hund an der Leine hast, sollte die absolute Ausnahme sein. Wenn Du also nicht gerne mit Menschen kommunizierst, sind ein Dog Walking Service oder eine Hunde-Kita die bessere Alternative.

2) Wenn Du anderen helfen möchtest

Natürlich helfen Hundetrainer*innen ihren Kunden in gewisser Weise. In erster Linie sind wir jedoch Dienstleister und bieten maximal Hilfe zur Selbsthilfe und Anleitung im Umgang mit dem Hund an. Vielen Kolleginnen und Kollegen ist es schon passiert, dass sie in die Helferfalle getappt sind – frei nach dem Motto „Machen Sie mal, ich kann das nicht“. Nicht umsonst gilt auch für uns der olle Spruch: „Arbeite niemals mehr als dein Kunde.“ Der Spruch „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ ist derweil Bullshit.

3) Wenn Du planen möchtest

Gerade am Anfang leben viele Hundetrainer*innen sprichwörtlich von der Hand in den Mund. Ob die Einkünfte reichen, um die laufenden Kosten zu zahlen, entscheidet sich Woche für Woche neu. Die nächste Woche ist mit Terminen vollgepackt, in der nächsten herrscht „Saure Gurken-Zeit“. Das muss man mögen.

4) Wenn Du betriebswirtschaftlich nicht fit bist

Um vom Hundetraining (über)leben zu können, musst Du über Grundwissen der Betriebswirtschaftslehre verfügen. Und selbst, wenn Du ein Steuerbüro beauftragst, plane mindestens eine Stunde täglich Buchhaltung ein. Vergiss nie, dass Deine „Einnahme“ brutto ist und Du 19% Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen musst. Vergiss ebenfalls nie, dass Du vom Finanzamt nichts „zurückbekommst“, sondern Deine Kosten lediglich gewinnmindernd geltend machen kannst. Du benötigst eine Versicherung, ein Auto, wetterfeste Kleidung usw., alles Kosten, die Du berücksichtigen musst. Und Einkommenssteuer musst du auch bezahlen.

5) Wenn Dir das Wochenende wichtig ist

Die Hauptarbeitszeit eines Hundetrainers beginnt da, wo unsere Kunden Freizeit haben. Dem entsprechend arbeitest Du nachmittags und am Wochenende. Keine guten Voraussetzungen, um Freunde zu treffen und ein soziales Umfeld zu pflegen.

6) Wenn Du es allen recht machen möchtest

„Man kann sie nicht alle retten“ lautet ein alter Spruch, der auch auf das Hundetraining zutrifft. Es wird immer wieder mal Kunden geben, denen Deine Vorgehensweise nicht gefällt oder mit denen Du einfach nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommst. Nimm das zur Kenntnis, reflektiere es, aber nimm es Dir nicht allzu sehr zu Herzen und versuche vor allem nicht, Dich zu verbiegen, um einen Kunden zu behalten.

7) Wenn Du nicht gerne beleidigt wirst

Spätestens, wenn Deine Hundeschule gut läuft, wirst Du feststellen, dass es Menschen gibt, die Dir deinen Erfolg nicht gönnen. Man wird Deine Arbeit kritisieren, ohne dich zu kennen. Man wird Dich schlecht machen, vielleicht negative Bewertungen schreiben oder Dich in den sozialen Netzwerken diffamieren. „Wer in der Küche steht, muss mit der Hitze umgehen können.“ Wenn Du mit Druck von aussen nicht zurechtkommst, dann suche Dir lieber einen anderen Job.

8) Wenn Dir schnell kalt wird

Hundetrainer ist ein Allwetterjob – das vergessen viele. Gewöhne Dich also daran, auch bei Shietwetter auf der Wiese zu stehen. Wenn Du schnell frierst, hilft nur Thermounterwäsche.

9) Wenn Du ungeduldig bist

Bis eine Hundeschule so gut läuft, dass man davon gut leben kann, vergehen einige Jahre. Und viele vermeintlich bekannte Kolleg*innen, die auf Facebook und anderswo auf dem ersten Blick sehr erfolgreich zu sein scheinen, müssen trotzdem Nebenjobs machen, um über die Runden zu kommen. Anfangs musst Du damit leben, dass nur zwei Hunde zur Welpengruppe kommen oder der Beschäftigungskurs mangels Interesse ausfallen muss.

10) Wenn Du Angst vor Konkurrenz hast

In Deutschland gibt es – je nach Schätzung – zwischen 60.000 und 120.000 Hundeschulen. Auch in Deiner Nachbarschaft wird es mehrere Kolleg*innen geben. Wenn Du damit nicht umgehen kannst, ist es keine gute Idee, eine Hundeschule zu eröffnen. Bei CONSULTIER habe ich mal ein bisschen Gründungsberatung gemacht und hier mal die „Klassiker“ runtergeschrieben, mit denen sich viele Kolleg*innen selber das Leben schwer machen.

Klassische Fehler

  1. Von Agility bis ZOS? Als „One (Wo)man Show“ kannst Du nicht alles anbieten, was es auf dem Markt gibt. Ein klassischer Fehler ist es, möglichst das komplette Spektrum an Erziehung und Beschäftigung anzubieten. Frei nach dem Motto „Viel hilft viel“. Das Problem: Niemand kann alles und die Kunden merken schnell, was Dir am Herzen liegt und was nicht. Außerdem gibt es immer jemanden, der im Bereich XY mehr Erfahrung hat als Du. Spezialisiere Dich. So merkwürdig es klingt. Klar zu kommunizieren, was man kann und vor allem, dass man bestimmte Dinge nicht anbietet, sorgt dafür, dass man erkennbar bleibt.
  2. Terminkuddelmuddel: Gerade am Anfang machen viele Selbstständige den Fehler, auf Biegen und Brechen alle Terminwünsche ihrer Kunden möglich zu machen. Mit dem Ergebnis, dass sie zu nichts mehr kommen, da der ganze Arbeitstag verfasert ist. Erster Termin um 11 Uhr, zweiter Termin um 14 Uhr, dritter Termin um 17 Uhr. Die allermeisten Kunden sind flexibler als wir denken. Und wenn es am Dienstag nicht klappt, kann man den Termin auch auf Mittwoch legen.
  3. Verhandeln: Hundetraining ist teuer. Und viele Menschen müssen sich ziemlich strecken, um das Geld zusammenzukriegen. Dennoch ist es nicht klug, den Preis zu verhandeln. Erstens spricht sich so etwas herum, zweitens hast Du viel Geld bezahlt, um Dein Wissen zu erlangen. Sei also deinen Preis wert. Abgesehen davon gibt es viele Menschen, für die Handeln so etwas wie ein Sport ist. Und es wird immer eine Hundeschule in der Nähe geben, die günstiger ist. Wenn ich Kunden habe, die knapp bei Kasse sind, mache ich es so, dass ich ihnen ggf. eine Stunde schenke, wenn sie schon einige Zeit im Training sind. Das sage ich ihnen dann am Ende der Stunde und belohne sie damit für die Mühe, die sie sich geben.
  4. Dumpingpreise: Orientiere Dich bei Deiner Preisgestaltung an den Hundeschulen in Deiner Region. Bedenke, dass Deine mögliche Arbeitszeit begrenzt ist. Bei 15 Euro für eine Einzelstunde wirst du zwar viele Kunden anlocken, doch selbst bei 100%iger Auslastung wird das Geld kaum zum Leben reichen, wenn Du seriös arbeiten möchtest. Und eine Preisanhebung um 100% wird die Kunden verschrecken, obwohl es immer noch günstiger ist als anderswo.
  5. Jeden Kunden annehmen: Ein Kunde ruft dich an und erzählt Dir, dass sein Hund ein bestimmtes Problem hat. Wenn Du den Kunden annimmst, obwohl Du keine Ahnung von dem Thema hast, wird das nur dazu führen, dass der Kunde irgendwann enttäuscht abwandert und in seinem Freundeskreis erzählt, dass Du keine Ahnung hast. Niemand muss alles wissen und eine ehrliche Absage ist besser für das Image als „Try and Error“.
  6. Keine Ziele vereinbaren: Vergiss niemals, mit dem Kunden zu klären, welches Ziel er hat – und benenne, wenn es unrealistisch ist. Versprich dabei nichts, was nicht möglich ist. Jagdverhalten besser managen ja, Jagen wegerziehen nein. Ohne Zielvereinbarung kann der Kunde seine Ansprüche immer wieder ändern, das Training bleibt trotz aller Fortschritte erfolglos und frustrierend.
  7.  Zu viel Kreativität: „Lösungsorientierte Verhaltensberatung mit Blick auf die soziale Struktur“. Hä? Genau. Beschreibe Deine Leistungen so, wie Kunden nach ihr suchen würden. Wenn Du Hundetraining anbietest, benenne es auch so.
  8. Romantische Expertise: „Schon als Kind haben mich Hunde fasziniert …“ Es ist besser, garnichts darüber zu schreiben, warum man eine Hundeschule eröffnet hat, als die frühe Tierliebe als Grund anzuführen. Zum einen gehen die Kunden davon aus, dass Du Hunde magst und zum anderen umschreibst Du auf diese Art, dass Du keine Qualifikation hast.
  9. Déformation professionnelle: „Schon als Bäckereifachverkäuferin hat es mir besonders viel Freude bereitet, Kunden zu beraten“. Das mag sein, aber die Form der Beratung, die im Hundetraining stattfindet, ist eine völlig andere. Stell keine Qualifikationen her, die keine sind.
4 Kommentare
  1. Susanne Pauly
    Susanne Pauly sagte:

    So isses!… die junge Kassiererin bei Edeka letzt: Kann ich bei dir Hundetrainer lernen? Ich: wie viele Hunde hattest du? Sie: noch keinen. Ich: du bist eine klasse Kassierein… bleib es… Mein Lebenswunsch war es nie, ist einfach so gekommen :-)

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  2. Kleckerlabor
    Kleckerlabor sagte:

    Habe mich zum Tierheilpraktiker bzw Hundeverhaltensberater weitergebildet um danach fest zu stellen, das ich viel Geduld mit Tiere, dafür aber keine Geduld mit Menschen habe und habe meinen Karriere am Nagel gehängt, jetzt versuche ich mit Tierportraits meine Brötchen zu verdienen, ist auch was mit Tiere allerdings werden meinen nerven nicht mehr so überstrapaziert, Klär kann ich mich über jetzt über einen Kunde ärgern, dieses ist denn aber weil die Vorlage in eine schlechte Qualität ist und nicht weil mit dem Hund alles bestens ist, nur der zugehörigen Mensch nicht alle Tassen im Schrank hat,

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  3. Rainer
    Rainer sagte:

    Als Selbstständiger frage mich auch immer wieder wie unsere Hundetrainer hier finanziell überleben können? Und wenn ich dann noch zurück denke welche nervigen „Helikopter-Herrchen und Frauchen“ bei uns in den Gruppen waren, würde ich den Job keine zwei Tage aushalten :) Also Respekt.

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