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Eine kleine Messeschau

 

Hundeausstellungen sind ja nicht so meins.

Es ist ungefähr 10 Jahre her, dass ich zuletzt eine besucht und mir noch während meines Aufenthaltes geschworen habe, dass dies das letzte Mal sei.

Vor einigen Monaten jedoch wurde ich gefragt, ob ich vielleicht Interesse hätte, auf der diesjährigen „Hund & Pferd“ in Dortmund, einen Vortrag zu halten.

Der Gedanke, dass ausgerechnet ich auf einer der großen Ausstellungen des VDH meinen Senf zur Hundewelt geben dürfe, veranlasste mich dazu, „Jipp“ zu sagen und so ging es frohen Mutes nach Dortmund, um sich dem Hundewahnsinn mal so richtig hinzugeben.

Für diejenigen, die noch nie eine solche Veranstaltung besucht haben, gebe ich mal einen kleinen Überblick, was einen so erwartet.

Zunächst einmal gibt es die Bewertungsringe, in denen die verschiedenen Hunderassen begutachtet und die besten ihrer Zunft prämiert werden. Unter denen wiederum wird am Ende des Tages der Beste aus der jeweiligen FCI-Gruppe in verschiedenen Kategorien gekürt. Dazu kommen noch diverse „kynologische Prüfungen“.

In Dortmund wurden nicht nur Bundessieger, sondern auch Internationale Sieger prämiert, so dass zwei Ausstellungen parallel stattfanden. Teilweise etwas verwirrend, aber ich bin ja auch kein Profi in Sachen Ausstellung.

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Für die breite Masse der Besucher sind jedoch die zweihundertschlachmichtot Verkaufsstände wesentlich interessanter, die mit allerlei Messerabatten den willigen Konsumenten verleiten, sein Geld auszugeben.

Schnäppchen hin oder her, so richtig nachvollziehen kann ich nicht, dass Menschen freiwillig stundenlang ein XXL-Hundebett durch die Hallen schleifen, nur weil es ein paar Euro günstiger war als sonst.

Der Trend geht eindeutig hin zu Produkten, die bei Problemen helfen sollen, die man ohne andere Produkte gar nicht hätte:

  • Näpfe, die das Fressen interessanter machen sollen und veganes Hundefutter, welches den Fresseninteressantmachnapf erst notwendig macht
  • Ballkanonen, die den Hund irre machen und Entspannungshilfen, die ihn dann wieder ruhigstellen
  • LED-Gedönse, dessen Sinn sich mir nicht erschlossen hat (und damit meine ich keine Leuchthalsbänder)
  • Decken, Betten, Leinen, Kauartikel, Boxen, Spielzeug soweit das Auge reicht
  • sowie allerlei mehr oder weniger nützliches für Herrchen und Frauchen.
    (Auf meine Frage an den ADAC-Typen, was die eigentlich auf einer Hundemesse suchen in Anbetracht der Tatsache, dass es immer ein riesen Theater gibt, wenn man mal mit Hund eine Panne hat, konnte er mir keine Antwort geben).

Wie für eine Messe üblich, kostet ein Mineralwasser schmale Dreieurovierzig und ein knauseriger Fingerhut voll Kaffee Zweieurofünfzig. Aber hey, für die Gäste des VDH gibt es all das ja gratis.

Nicht ganz gratis. Vorher musste ich noch ein bisschen arbeiten.

Kurz vor Veranstaltungsbeginn hatte wohl auch der Verband für das Deutsche Hundewesen geahnt, wen genau er sich da auf die Bühne geholt hatte. Und so war ich wenig überrascht, dass ich gleich am Freitag morgen meinen Vortrag halten durfte.

Als ich eintraf, waren die Hallen noch sehr großzügig begehbar, um es mal vorsichtig auszudrücken.

Auf der Bühne stand eine Dame, die zum Thema „Wie oft darf ich meinen Hund baden?“ in Anbetracht der Tatsache, dass sie „reinigungsaktive Waschlotionen“ verkauft, zu der total überraschenden Antwort kam, dass man seinen Hund sehr oft – und am besten mit ihrem Produkt – baden darf.

Verrückt.

Rassevorstellung Windhunde: "Wie der Name Wind im Windhund schon sagt, sind die schnell".

Rassevorstellung Windhunde: „Wie der Name Wind im Windhund schon sagt, sind die schnell“.

Da mein erster Vorschlag mit dem Thema „Warum Rassehundezucht unsere Hunde krank macht“ abgelehnt wurde, referierte ich über „Rassendisposition und Management“. Dafür hatte ich exakt 20 Minuten Zeit. Nach 19:30 Minuten war ich mit dem Vortrag durch, der vom Verlag gewünschte Hinweis auf mein Buch fiel genauso aus wie mein Hinweis, dass ich eventuelle Fragen gerne beantworte, weil exakt 30 Sekunden später das Mikrofon abgestellt wurde und eine Gruppe Eurasier-Besitzer auf die Bühne gescheucht wurden, um ihre Rasse vorzustellen. Was wohl Karl Werner dazu sagen würde?

Dennoch war ich positiv überrascht. Entgegen meiner Erwartung waren alle Stühle besetzt und selbst nachdem ich eine kleine undiplomatische Spitze in Richtung Linienzucht abgeschossen hatte, waren die meisten Zuhörer noch da.

Apropos positive Überraschung. Im Anschluss an mein Tagwerk holte ich mir erstmal einen Kaffee im Wert von 7 Euro im V.I.P.Bereich ab, um frisch gestärkt die Hallen zu erkunden, in denen die Sieger des Tages gekürt wurden.

In den knapp 10 Jahren, die ich eine solche Veranstaltung nicht mehr besucht habe, hat sich entweder tatsächlich etwas getan in Sachen Hundezucht oder die üblichen Verdächtigen sind mir nicht unter die Linse gelaufen.

An der Farbe der Blazer gut zu erkennen: Vorkshire Terrier

An der Farbe der Blazer gut zu erkennen: Yorkshire Terrier

Relativ viele (also, einige) der ausgestellten Hunde, die ich gesehen habe, sind längst nicht mehr so übertrieben gezüchtet, wie ich sie in Erinnerung hatte.

Im Laufe der beiden Tage, die ich vor Ort war, habe ich ein paar Bassets gesehen, die nicht mit dem Bauch auf dem Boden schleiften, ein paar Spaniels, deren Fell nicht selbiges tat und – die sind mir tatsächlich aufgefallen – gut proportionierte Bernhardiner, die nicht total überhangen waren und die Hallenböden in gefährliche Rutschpartien verwandelten.

Allerdings scheinen sich auch ein paar Trends abzuzeichnen, die mir so ganz und gar nicht gefallen. So werden die Schädel der Molosser immer breiter, ihre Nasen indes immer kürzer.

molosser

Insbesondere die Cane Corsos (edit: die Rechtschreibkorrektur hat den Hund zwischenzeitlich in ein Stück Fleisch – „Carne“ verwandelt, Danke an Sandra für den Hinweis) können wir in ein paar Jahren zu den Kurznasen zählen, wenn sich die Zucht weiter in diese Richtung entwickelt.

Davon abgesehen könnte man sich – mit Blick auf die Gesundheit der ausgestellten Hunde – mal Gedanken darüber machen, welchen Sinn es hat, dass die Tiere von Jahr zu Jahr fetter werden.

Und damit meine ich nicht „ein bisschen mopsig“, im Ring waren jede Menge Hunde im wahrsten Sinne des Wortes zu bestaunen, die – auch mit fünf Kilo weniger – noch zu dick gewesen wären.

Staunen auch deshalb, weil ich bei einigen Kandidaten nicht erwartet hätte, dass die überhaupt schneller als Schritt gehen können.

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Für mich als Hütitütifreund war natürlich die Gruppe 1 – Hüte- und Treibhunde – besonders interessant, allerdings habe ich die meisten Wettbewerbe verpasst, weil ich entweder zu früh oder zu spät am Ring stand.

Bei den Border Collies und insbesondere den Australian Shepherds werden die Schädel immer breiter und das Fell immer mehr und das Gebäude immer voluminöser.

Lustigerweise war eines der Highlights der Messe eine Vorführung von Anne Krüger mit Pferd, Ziege, britischem Geländewagen und schließlich ihren Arbeitslinien-Border Collies, die am Bewertungsring mangels Fell, Nase und Masse samt und sonders durchgefallen wären, auf der Bühne (gleichzeitig Show-Ring)  jedoch für Beifallsstürme gesorgt haben.

Fast interessanter als die Hunde sind bei einer solchen Ausstellung naturgemäß die Menschen.

Kollege Norbert, den ich zufälligerweise traf und der einen Borsoi ausstellte, erklärte mir, dass es das „Gesamtpaket“ ist, welches zu einer guten oder eben schlechten Bewertung führt.

Sprich, so schön wie der Hund muss auch sein Mensch sein. Und wenn schon nicht schön, dann wenigstens originell.

Dass der Züchter eines BGS seinen Hund stilecht in bayerischer Trachtenkleidung präsentiert, konnte ich derweil gut nachvollziehen.

Etwas schwieriger scheint die Auswahl des passenden Outfits zu sein, wenn man eine Rasse präsentiert, bei der die Assoziation nicht ganz so deutlich auf der Hand liegt.

Impressionen

Impressionen

Immer, wenn ich in einem chinesischen Restaurant bin, stelle ich mir die Frage, wo man wohl die Einrichtung kaufen kann. Schließlich sehen die meisten dieser Restaurants ziemlich ähnlich aus.

Asiatische Lampe hier, ein Drache da. Dazu ein paar chinesisch anmutende Kerzenständer, so eine Art Tempelambiente in Dunkelrot und fertig ist das Restaurant.

Beim Anblick der Outfits einer Aussteller/innen überkam mich die selbe Frage.

Irgendwo muss es einen Onlineshop für gold- oder rotfunkelnde Blazer und Anzüge mit Pailleten geben, der neben alternden Schlagerstars auch Hundezüchter ausstattet.

Außerdem im Sortiment: Schuhe in den Farben Neonorange, Gold, Silber und natürlich Feuerwehrrot. Dazu Blusen und Hemden mit kunstvoller Verzierung.

Es muss eine wahnsinnig bunte Welt sein! Eine schöne Welt, in der – ähnlich wie in Disney-Filmen – ohne nachvollziehbaren Anlass gesungen wird.

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Noch interessanter als die Hunde und die Menschen ist es auf einer solchen Messe den Gesprächen zu lauschen.

Da ich auf Grund von Terminkuddelmuddel (und aus „Gründen“) leider nicht dazu gekommen war, selber einen Hund auszustellen, hatte ich zugesagt, das Tierchen wenigstens zeitweise zu sitten und heile nach Hause zu bringen.

Da ich so eine Messe nicht nur für mich, sondern auch für den Hund viel zu anstrengend finde, begab ich mich nach draussen in Richtung „Löseplatz“, eine etwa 100 Quadratmeter große Fläche, die nach zwei Tagen dermaßen widerlich ist, dass einen nichts mehr erschüttern kann, wenn man diese ohne Herpesanfall übersteht.

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Da stand ich also rauchenderweise am Löseplatz und hörte – halb freiwillig, halb unfreiwillig – zwei Damen zu. Beide augenscheinlich Züchterinnen aus dem Ruhrgebiet und beide nicht unbedingt zufrieden mit dem Ergebnis ihrer Bewertung.

„Isch hab kein‘ Bock mehr auf die Scheisse“ sagte die eine. Die andere erwiderte „So’n Kokolores“. Darauf die andere „Watt glaubt der, wer der iss? Ich mach datt nichmehr mit.“ Antwort: „So watt aber auch“.

Dann die überraschende Verabschiedung: „Wir sehen uns dann ja in Leipzich nächstet Jahr“.

Hinter mir berieten sich zwei andere Damen darüber, wie alt wohl der Hund – ein Cattle Dog – sei, den ich an der Leine hatte.

Mindestens fünfzehn sei der, achwas: bestimmt schon siebzehn. Wie man dem armen Tier so etwas antun könne. In dem Alter, und dann auf so eine Veranstaltung.

In nur drei Minuten um 15 Jahre gealtert

Gerade als ich die beiden Expertinnen aufklären wollte, wechselten sie das Thema.

Grund dafür war ein Hund, der unseren Weg wieeinirreranderleinezerrend kreuzte. Das muss nämlich so sein, klärte die Dame, die den Cattle auf 15 Jahre getippt hatte, die Dame, die den Cattle Dog auf 17 Jahre getippt hatte, auf.

„Die brauchen nämlich ganz viel Platz!“

 

 

 

4 Kommentare
  1. Sansra
    Sansra sagte:

    Räusper. Heisst dat nich Cane Corso, statt Carne Corso….?
    Obwohl… könnte man ja mal im Restaurant bestellen :Carne Corso, medium – rare, please.

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  2. Sybille
    Sybille sagte:

    Danke für diesen den klasse Bericht !!
    Sie haben damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Genau so geht’s dort zu – immer !!

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  3. Maria
    Maria sagte:

    Der Bericht ist klasse! Wir sind jedes Jahr auf der Messe in Leipzig, da unser Verein auftritt. Nun ist es so, dass ich aus dem Kopfschütteln fast nicht mehr raus komme.

    Die Hunde dort sind so fett! Ich verstehe gar nicht, wie die Besitzer das nicht sehen können. Experten gibt es dort auch wirklich an jeder Ecke und diese Glitzerfummel sind der wahnsinn. Ich kenne auch Aussteller und eventuell probiere ich es aus Spaß auch mal, trotz geringer Chancen meines Arbeitsborders, aber keiner ist so aufgemotzt. Ich finde Ausstellungen nicht perse schlimm, aber aus Jux und Tollerei seine Hunde da jedes Wochenende hinzukarren ist auch nicht sehr geil.

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